Dr. Richard Dobbins

Gemäß der Umfrage sind die Gründe warum Pastoren ihren Dienst niederlegen vielfältig und unterschiedlich, aber die meisten Pastoren sagten, dass sie davon schockiert waren, wie wenig der Dienst ihren Vorstellungen entsprach. Sie hatten erwartet, dass sie mehr Zeit mit Predigen und Lehren verbringen würden, mit den Dingen, die sie gerne tun. Sie hatten nicht damit gerechnet, sich mit den Geschäfts- und Personalführungsfragen herumschlagen zu müssen, die mit dem Dienst einher kommen. Problemfälle und die Not im Leben von Menschen, erschöpfen Pastoren. Zerstrittene Vorstandsmitglieder, Älteste und Diakone, welche die Autorität des Pastors in Frage stellen, zermürben Pastoren und rauben ihnen Energie. Pastoren sind es leid, Mitarbeiter zu konfrontieren, die ihre erforderte Leistung nicht erbringen. Es ermüdet Pastoren, überempfindliche Anbetungsleiter ertragen zu müssen. Nach einiger Zeit werden diese Frustrationen im Leben eines Pastors, der nicht gelernt hat, den aufgebauten Stress abzubauen, Spuren hinterlassen. Stress ist für den Pastor wie die Staublunge für den Bergarbeiter. Man weiß nicht, dass man sie hat, bis sie einen hat. Mit den wachsenden Komplexitäten des modernen Lebens nimmt die Stressfalle für westliche Pastoren exponentiell zu.

Es ist weniger anstrengend und verursacht weniger Leid, wenn man dem Stress, mit dem man im Dienst konfrontiert wird, präventiv statt reaktiv entgegenwirkt. Und, es bewahrt Pastoren davor sich wegen Stress aus dem Dienst zu verabschieden. Der pastorale Dienst muss jedoch nicht so überwältigend schwer sein. Lasst uns daran denken, dass unser Herr sagte: “Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.” Ich habe einige Vorschläge, die dir dabei helfen können, dich von dem unerträglichen Joch und der unsagbaren Last zu befreien.

Realistische Erwartungen haben

Viele Menschen beginnen ihren Dienst mit unrealistischen Erwartungen. Der Unterschied zwischen unseren Erwartungen und unseren Erfahrungen wird das Maß der Frustration bestimmen. Der Dienst ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Warum unterscheiden sich unsere Erwartungen vom Dienst so sehr von unseren tatsächlichen Erfahrungen? Ein Hauptgrund ist, dass der Dienst oft romantisiert wurde und immer noch wird. Ich kann mich an meine Jugend in der Gemeinde erinnern, wo der Pastor von allen als ganz besondere Person betrachtet wurde. Für die meisten Mitglieder stand er schließlich als inspirierende und hilfreiche Persönlichkeit quasi auf dem Silbertablett. Sie wussten wenig über die anderen Bereiche seiner Arbeit oder Familie. Predigen und Lehren sind jedoch nur ein kleiner Teil der Aufgaben eines heutigen Pastors. Pastoren brauchen einen Großteil ihrer Zeit und Energie für administrative Aufgaben. Oft bedeutet es, Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu begleiten. Und auf naive Art erwarten viele Pastoren, dass der Umgang mit Gemeindemitgliedern in heiklen Situationen einfach ist und sich auf einer geistlichen Ebene abspielen wird. Wenn Pastoren mit Spannungen und Konflikten konfrontiert werden, erwarten sie, dass sich Christen geistlich verhalten, was nicht immer der Fall ist. Manchmal verhalten sie sich fleischlich. Wir ersparen uns viel Schmerz wenn wir unsere Erwartungen anpassen. Wenn wir von Gemeindemitgliedern ein geistlich reifes Handeln erwarten, werden wir oft enttäuscht und frustriert sein.

In allen drei synoptischen Evangelien erinnert uns Jesus daran: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Matthäus 9,12, NGÜ; siehe auch Markus 2,17; Lukas 5,31). Gott hat uns nicht berufen den geistlich gesunden Menschen zu dienen. In den meisten Fällen bringen Menschen egoistische Unreife, verletzte Vergangenheiten und langjährige zerstörerische Gewohnheiten in das Reich Gottes mit. Von neuem geboren zu sein heilt diese Dinge nicht automatisch. Durch seine Gleichnisse versuchte Jesus seine Jünger auf die fleischliche Lebensweise der Gemeinde vorzubereiten. Es war ihm ein Anliegen, dass ihre Erwartungen realistisch und praktisch blieben. Deshalb sprach er vom Unkraut und vom Weizen, von den guten und schlechten Fischen im selben Netz und von den vielen Vögeln, die im großen Baum wohnen (Matthäus 13,25-32,47-50).

Wenn wir die Gemeinde des ersten Jahrhunderts geleitet hätten, wären alle unsere Gemeindemitglieder fleischlich gesinnt gewesen. Die Apostel schrieben fast alle Epistel des Neuen Testaments, um die fleischliche Gesinnung anzusprechen. Stellt euch vor, wie viele Bücher in der Bibel fehlen würden, wenn Gottes Volk geistlich gewesen wäre. Betrachte es also nicht als persönliche Krise, wenn Menschen deine Autorität in Frage stellen. Seit 2›000 Jahren stellen Menschen die Autorität der Gemeindeleitung in Frage. Und wenn keiner an deinen Geburtstag, den Geburtstag deiner Frau, an deinen Hochzeitstag oder an deinen Weihnachtsbonus denkt, mache daraus keine Katastrophe. Diese Dinge sind nett, aber nicht notwendig. Wir schätzen die Großzügigkeit von Menschen, aber daraus kann so schnell ein Anspruchsdenken entstehen. Ich bezweifle, dass die Apostel dieses Entgegenkommen erlebten. Wenn wir unsere Erwartungen herunterschrauben, werden wir staunen, wie der Stress im Dienst abnimmt. Wenn wir nichts erwarten und doch etwas bekommen, werden wir freudig überrascht sein. Wir sind zum Dienst berufen, nicht dazu, bedient zu werden. Lasst uns daran denken: Unser Dienst an Menschen ist unser Dienst am Herrn. Und, Jesus sagte: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,40). Sich mit Budgets, administrativen Aufgaben und Problemfällen zu beschäftigen kann so viel Energie und Zeit beanspruchen, dass man seinen persönlichen Gottesdienst vernachlässigt. Beschränkt sich deine Lektüre der Bibel auf die Vorbereitung von Predigten und Bibelstunden? Öffnest du Gott dein Herz im Gebet oder beschränkt sich dein Gebetsleben auf das Beten für andere und auf deine Rolle als Pastor? Lasst uns daran denken, was Jesaja sagte: „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden“ (Jesaja 40,31). Auf den Herrn zu harren, beinhaltet nicht nur Gottes Wort zu lesen und zu beten, sondern auch zu reflektieren und meditieren.

Distanziere dich vom institutionellen Druck

Lege den Schwerpunkt auf den Dienst am Leib Christi. Lass dich nicht davon bestimmen die dienstliche Erfolgsleiter zu erklimmen. Vergiss nicht, dass die Institution Kirche eine Organisation ist. Der Leib Christi hingegen ist ein Organismus. Denominationen neigen dazu, eigennützig und selbstgefällig zu sein. Sie akkreditieren Pastoren für die Verkündigung und haben weitere nützliche Funktionen. Wir müssen ihnen gegenüber Rechenschaftspflichten wahrnehmen. Sie bewahren uns vor Irrlehre und ermöglichen uns Dinge zu tun, die keiner von uns im Alleingang tun könnte. Gott hat uns jedoch dazu berufen seinem Leib zu dienen, mehr als der institutionellen Kirche. Wenn wir den Schwerpunkt auf die Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten der institutionellen Kirche legen, werden wir uns sehr oft frustriert und deprimiert fühlen. Wir werden beobachten, dass diejenigen, die innerhalb der Denomination gute „Connections“ haben, davon profitieren und geehrt werden. Gleichzeitig werden wir feststellen, dass viele hart arbeitende Pastoren in kleinen Gemeinden keine Anerkennung bekommen. Wir haben dennoch die Zusage von Jesus, dass jeder, der auch nur einen Becher kalten Wassers an jemanden gibt, dafür belohnt werden wird (Matthäus 10,42). Vergessen wir nicht, dass es Jesus ist, der uns in den Dienst beruft. Daran zu glauben, dass er dafür sorgen wird, dass du für deinen treuen Dienst an Menschen eine angemessene Belohnung bekommen wirst, wird dich von Neid und Eifersucht bewahren und dich davon freisetzen, andere zu richten. Was sagte Jesus zu Petrus, als dieser sich unnötigerweise damit beschäftigte, dass Jesus Johannes favorisierte? „Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!“ (Johannes 21,22). Dein Leben wird einfacher, wenn du den Dienst als deine Nachfolge Christi betrachtest.

Erkenne wo du momentan stehst

Denke über deine Situation nach und öffne deine Gedanken für die Einsichten und kreativen Lösungen, die nur Jesus geben kann. Was stresst dich an deiner momentanen Situation? Fühlst du dich von der finanziellen Situation überfordert? Hast du vom ehemaligen Pastor eine schwierige Situation geerbt? Ist die Gemeinde in zwei Lager geteilt? Schreibe das, was dir am meisten Mühe bereitet, in einer Haltung des Gebets auf. Ordne diese Liste nach Prioritäten. Setze den Schwerpunkt auf die schwierigsten Punkte. Schreibe dann auf, wie du diese angehen möchtest. Stelle dir die Frage: Wie wäre meine Situation in 6 Monaten, in einem Jahr, in 18 Monaten, wenn ich die erste Option umsetze? Vergiss nicht, Satan möchte deine Impulsivität und dein übertriebenes Dringlichkeitsgefühl gebrauchen, um alles noch komplizierter zu machen. Aber wenn du diesen Denkprozess mit der zweiten, dritten und vierten Option durchdenkst, bitte Gott um Weisheit in der Entscheidung, welchen Weg du wählen sollst. Er hat versprochen, dass er Weisheit schenken wird (Jakobus 1,5).

Versuche zwischen deiner Situation und dir selbst so viel emotionale Distanz wie nur möglich zu schaffen. Vermeide voreilige, selbst gemachte Lösungen. Vertraue Gott, dir ein Verlangen nach der weisesten Lösung deines Problems zu geben. Petrus gibt uns diese Weisheit weiter: „So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorgen werft auf ihn; denn er sorgt für euch“ (1. Petrus 5,6-7).

Im Verlauf der Jahre habe ich gelernt, wie ich diese Bibelstelle in meinem Leben anwenden kann. Um festzustellen, was in meiner Verantwortung liegt und welche Sorgen ich auf ihn werfen kann, stelle ich mir folgende Fragen:

  1. Gibt es eine Lösung für das, was mir Sorgen macht? Man kann sich über Dinge Sorgen machen, für die es keine Lösungen gibt. Es wird immer Kriege geben. Es wird immer Armut geben. Geistliche Menschen werden an Krankheiten sterben, während fleischliche Menschen geheilt werden. Keiner kann etwas dagegen tun. Die Sorgen, die ich mir um diese Dinge mache, werfe ich auf ihn.
  1. Habe ich eine Lösung für das, was mir Sorgen macht? Wenn mir etwas Sorgen macht, wogegen ich nichts tun kann, werfe ich diese Sorgen auf ihn. Manchmal habe ich eine Lösung für das, was mir Sorgen macht. Ich definiere die Lösung und widme mich dem nächsten Punkt.
  1. Kann ich jetzt etwas dagegen tun? Wenn ich jetzt nichts tun kann, um das zu lösen, was mir Sorgen macht, notiere ich in meiner Agenda, was ich zu welchem Zeitpunkt tun kann. Alles andere werfe ich auf ihn. Beachte die Eindringlichkeit des Wortes „werfe.“ Lerne es die Dinge, die du jetzt nicht ändern kannst aus deinen Gedanken heraus zu schleudern. Du wirst gesunde Leiterschaft erleben, wenn du zum gegebenen Zeitpunkt das tust, was du tun kannst.

Den Schwerpunkt erneut auf deine Ehe und Familie setzen

Die Ehe eines Pastors soll für die Menschen, denen er und seine Frau dienen, ein Beispiel einer gesunden christlichen Ehe sein. Es entspricht nie Gottes Willen, dass deine Ehe unter deinem Dienst leidet. Leider verhalten sich manche Pastoren so, als wären sie mit ihrem Dienst verheiratet und gebrauchen diese verdrehte Priorität, um ihre Vernachlässigung von Frau und Kindern zu rechtfertigen. Paulus legt in Epheser 5,21-6,4 deutlich dar, wie die Prioritäten eines Pastors auszusehen haben. Gott steht an erster Stelle. An zweiter Stelle kommt deine Ehe. An dritter Stelle kommen deine Kinder und deine Arbeit kommt erst an vierter Stelle. Etwas vom Besten, das du für deinen Dienst und deine Kinder tun kannst, ist zwei oder drei Ehe-Wochenenden pro Jahr einzuplanen. Während diesen Wochenenden könnt ihr im Gebet und im geistlichen Austausch sein, aber euch darauf einigen, keine Gemeindeangelegenheiten zu diskutieren. Setzt den Schwerpunkt darauf, eure Liebe zu Gott und zu einander zu erneuern.

Deine Ehefrau wird es lieben und deine Kinder werden den Unterschied in deiner Beziehung zu ihnen genießen. Ein gesunder Pastor weiß, dass seine Ehe vor dem Dienst kommt … und seine Kinder wissen es auch. Erlaube es dem Feind nicht, dir wegen diesen Prioritäten Schuldgefühle zu geben. Entwickle die Fähigkeit, am Ende des Tages in Gedanken die Tür zu den Angelegenheiten der Gemeinde zu schließen und dich für deine Ehe und Familie zu öffnen. Sprich dich mit deinem Ehepartner ab, dass du Gemeindeangelegenheiten nicht zuhause besprechen wirst. Es geht hier nicht nur um den Schutz deiner Ehe, sondern auch um den Schutz deiner Kinder. Sie sollten so gut wie möglich von den schmerzhaften Situationen der Gemeinde bewahrt werden.

Freizeit ist Teil des Dienstes

Die Schöpfung lehrt uns die Bedeutung von Freizeit und Erholung. Kälber tollen herum, Fohlen springen, Schafe spielen auf dem Feld, Hunde jagen Bälle und Kätzchen spielen mit Wolle. Erlaube es dem Feind nicht, dir Schuldgefühle zu geben, weil du dir Zeit nimmst für Spiel und Spaß. Spiele um Spaß zu haben … nicht um zu gewinnen. Mit jemandem zu spielen, der gewinnen muss, macht keinen Spaß. Finde etwas, was du mit deinem Ehepartner gerne gemeinsam tust und mache es etwa drei oder vier Mal im Monat. Verbringt mindestens einen Familienabend pro Woche, wenn eure Kinder noch klein sind. Zwinge sie nicht etwas zu tun, was dir Spaß macht. Macht etwas, was ihnen Spaß macht. Gott hat dich nicht in den Dienst berufen, um dich zu frustrieren. Er möchte durch den Dienst seinen Willen erfüllen. Er möchte, dass du die Arbeit für den Herrn gerne tust und sie genießt.

Wähle deine Freunde mit Bedacht. Vermeide die Menschen, die sich unter dem Joch des Dienstes aufreiben. Wenn du mit ihnen Zeit verbringst, fühlst du dich anschließend ausgelaugt. Manchmal muss man solchen Menschen dienen. Deine Freunde jedoch sollten Menschen sein, die den Herrn lieben, das Leben genießen und dich in der gemeinsamen Zeit mit neuer Energie füllen. Denke an die Ermahnung von Paulus: „Lasst uns daher nicht müde werden, das zu tun, was gut und richtig ist. Denn wenn wir nicht aufgeben, werden wir zu der ‚von Gott’ bestimmten Zeit die Ernte einbringen. Solange wir also noch Gelegenheit dazu haben, wollen wir allen Menschen Gutes tun, ganz besonders denen, die wie wir durch den Glauben zur Familie Gottes gehören“ (Galater 6,9-10)

Richard Dobbins Ph.D ist Gründer von EMERGE Counseling Services in Akron, Ohio/USA http://www.emerge.org. Im Verlauf von 50 Jahren begleitete Dr. Dobbins Tausende von leidenden und gestörten Menschen und half ihnen, biblische Wahrheiten zu entdecken und dadurch Gottes Frieden und Freude im Leben zu erfahren. Richard Dobbins verstarb im Juni 2014. FLG hat vom Autor des Artikels und INSPIRATION die Genehmigung zur Veröffentlichung dieses Artikels erhalten. INSPIRATION ist eine verkürzte Version der Zeitschrift ENRICHMENT, die von den Assemblies of God, USA, herausgegeben wird. INSPIRATION dient den Bedürfnissen von deutschsprachigen Pastoren und stellt theologisch-biblisch relevante, up-to-date Artikel für die Arbeit von Gemeindeleitern und Pastoren zur Verfügung. http://enrichmentjournal.ag.org/International/German/index.cfm