Im Laufe der Jahre habe ich viele Leute beobachtet, die einige Zeit so begeistert in die Gemeinde gekommen sind, aber nach ein paar Jahren fühlten sie sich dort sehr unglücklich. Das gehört zu den traurigsten Erlebnissen eines Pastors. Nichts bricht mein Herz mehr, als miterleben zu müssen, wie Menschen aus dem Leib Christi entschwinden und zurückdriften in einen Lebensstil der geistlichen Selbstzufriedenheit und Gleichgültigkeit.

Es wird oft darauf hingewiesen, dass der Hauptgrund, warum Leute die Gemeinde verlassen, darauf zurückzuführen ist, dass sie das Gefühl haben, die Gemeinde würde ihren Bedürfnissen nicht gerecht werden. Mit anderen Worten, bestimmte Erwartungen, die sie an die Gemeinde stellen, würden nicht erfüllt.

In Dutzenden Stegreif Exit-Interviews in den letzten 20 Jahren habe ich herausgefunden, dass viele auf Grund falscher Erwartungen weggehen. Mit anderen Worten, sie erwarteten etwas von der Gemeinde, das diese aber nie versprochen hat.

Mir fallen fünf unrealistische Erwartungen ein, derentwegen Menschen die Gemeinde verlassen. Hier ist meine unwissenschaftliche Liste.

Was die Gemeinde bieten kann oder nicht kann

  • Eine Gemeinde ist ein Ort, wo man sich wöchentlich versammelt, um Gott zu loben und anzubeten. Aber es kommt auf mich selbst an, ob ich die Gegenwart Gottes erlebe. „Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Johannes 4, 24)

Musikalische Vorlieben sind eine häufige Quelle des Missfallens unzufriedener  Mitglieder. Eines der größten Missverständnisse unter den Leuten ist es, Musik mit Anbetung zu verwechseln.

Musik ist nicht Anbetung. Orgeln, Klaviere, Keyboards, Schlagzeug, Chöre, Gitarren, Beleuchtung, Rauch, Sprecher, Liederbücher, Leinwände, Projektoren und Soundboards sind keine Instrumente der Anbetung. Sie sind nur Zubehör für die Musik.

Anbetung ist nicht das Singen. Anbetung ist sich hinzugeben. Wenn du eine christliche Versammlung besuchst, wo Menschen bestrebt sind, Jesus die Ehre zu geben, und du gehst weg, ohne angebetet zu haben, trifft die Schuld dich, nicht sie.

Gib die Schuld nicht der Musik, sondern dem Spiegel.

  • Eine Gemeinde ist eine Familie, der ich angehören kann, aber es hängt von mir ab, Freundschaften zu entwickeln. „…und es gibt Freunde, die hangen fester an als ein Bruder.“ (Sprüche 18, 24b)

So viele Leute schließen sich unseren Gemeinden an, aber investieren sich nie in Beziehungen. Sie behandeln die Gemeinde wie ein Fast-Food Restaurant – Ich hole mein Essen und verschwinde dann rasch und mit so wenig Interaktion wie möglich. Aber früher oder später geschieht Leben und wenn dann ihre Welt zu zerfallen beginnt, haben sie kein zwischenmenschliches Sicherheitsnetz.  Plötzlich erwarten sie, dass „der Pastor für sie da ist“, als sei er ein geistlicher Aladdin. Einfach die Lampe reiben und „wusch“, schon ist er da! Aber das ist nicht einmal die biblische Berufung eines Pastors.

Gemäß Epheser 4, 12 sind Pastoren berufen, die Mitglieder zuzurüsten, um Hände und Füße Jesu zu sein. Gott entwarf die Gemeinde als eine Gemeinschaft miteinander verbundener Christen und nicht als eine Sammlung von Kunden, die darauf warten, bedient zu werden. Wir sagen unseren Leuten: „Wenn ihr euch dieser Gemeinde zwar anschließt, aber keine Freundschaften schließt, dann versprechen wir euch, dass wir euch enttäuschen werden. Es ist nur eine Sache der Zeit.“

Menschen, die miteinander nicht verbunden sind, trennen sich schließlich.

  • Eine Gemeinde ist ein Ort, wo begabte Lehrer die Bibel erklären und wie ich sie in meinem Leben anwenden kann, aber es liegt an mir, mein Leben nach Gottes Wahrheit auszurichten. „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.“ (Jakobus 1, 22)

„Ich werde nicht genährt“, ist das oft wiederholte Mantra von ich-bezogenen Christen.

Wie viele Male habe ich diesen Satz schon von verärgerten Gemeindemitgliedern gehört. Als mir einmal jemand sagte, er würde die Gemeinde verlassen, weil er tiefer gehende Bibellehre bräuchte, da dachte ich an mehrere Serien, die ich in letzter Zeit gelehrt hatte und fragte diese Person: „Ich habe gerade eine Serie über Beziehungen gelehrt. Sag mir, wie schaut es mit deiner Ehe aus? Auf einer Skala von 1 – 10, wobei 10 für perfekt steht, wie würde dich deine Ehefrau bewerten? Wie schaut es mit deinen Fähigkeiten als Elternteil aus? Ist da noch Raum für Wachstum?

Er hat darauf nicht geantwortet.

Ich dachte an die vorhergehende Serie. „Acht Wochen lang habe ich über persönliche Evangelisation gepredigt. Einfach aus Neugier frage ich dich jetzt, mit wie vielen Menschen hast du deinen persönlichen Glauben geteilt in den letzten 3 Monaten? 6 Monaten? Jahr?

Stille.

„So, damit wir uns richtig verstehen. Du sagst, du wirst nicht genährt und brauchst tiefer gehende  Predigten. Aber du machst nicht einmal das Wenige, das mein „seichtes Predigen“ lehrt. Hmmm, ich bin mir nicht sicher, dass es mein Predigen ist, das Veränderung braucht.“

  1. Eine Gemeinde ist ein Ort, wo ich meine Gaben einsetzen kann, mit meiner Leidenschaft, meinen Fähigkeiten und meiner Lebenserfahrung dienen kann. Aber es liegt an mir, ein Diener zu werden. „So wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“ (Matthäus 20, 28)

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass die lautstärksten Kritiker in der Gemeinde gerade diejenigen sind, die sich am wenigsten engagieren. Sie haben viele Vorschläge, machen aber keinen Versuch, das Spiel mitzuspielen.

Es ist viel leichter, von der Tribüne aus zu kritisieren als im Spielfeld mitzulaufen. Wer nicht bereit ist, in der Gemeinde zu dienen, ist oft nur einen Schritt davon entfernt sich zu ärgern.

Ich glaube, das Maß für Reife ist die Bereitschaft zum Dienen. Bibelwissen kann mich nicht beeindrucken. Aber selbstloses Dienen beeindruckt mich immer. Als Arbeiter zu dienen bringt Hoffnung und Heilung in Herz und Heim, es immunisiert uns von Gleichgültigkeit und hält unseren Blick auf unseren Auftrag, unsere Mission gerichtet.

Es gibt zwei Arten von Gemeindemitgliedern. Jene, die dienen und jene, die glauben, es zu verdienen.

Nur eine dieser beiden Arten wird dich Jesus ähnlich machen.

  • Eine Gemeinde ist ein Ort, wo ich die Chance habe, durch den Missionsauftrag die Welt zu verändern. Aber es hängt von mir ab, ob ich tatsächlich eine Person mit Einfluss werde. „Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?“ (Römer 10, 14)

Schließlich ist der größte Irrglaube überhaupt zu denken, der Auftrag einer Gemeinde sei es in erster Linie, meine Bedürfnisse zufrieden zu stellen.

Gemeinden sind in erster Linie für ihre Nicht-Mitglieder da. Sie bestehen, um Hoffnung und Heilung in eine zerbrochene und leidende Welt zu bringen.

Sie sind nicht dazu da, um die Launen von Nörglern zu bedienen.

Es gibt keine perfekte Gemeinde, weil es auch keine perfekten Menschen gibt.

Es gibt nur unvollkommene Gemeinden, die voll sind mit unvollkommenen Menschen, die sich bemühen, einen Einfluss auf diese zerbrochene Welt zu haben.

Wann immer wir die wichtige Bedeutung dieses Auftrags vergessen und anfangen, unseren Blick auf Nichtigkeiten und Vorlieben auszurichten,  betrüben wir das Herz Gottes und scheitern am Auftrag unseres Herrn.

Als Pastor haben mich schon viele wissen lassen, wie die Gemeinde sie enttäuscht hat, aber ich habe selten etwas von denen gehört, die erkannt haben, wie sie die Gemeinde enttäuscht haben.

Die Nöte einer verlorenen Welt sind zu bedeutend, als dass wir Zeit verschwenden sollten.

Machen wir uns an die Arbeit als Hände und Füße Jesu.

Hier kann man den Originalartikel lesen!

Brian ist Hauptpastor der Oak Ridge Baptist Church  in Salisbury, Maryland. Hier Brian’s Blog!