Charles Arn

Wieso sind einige Gemeinden so effektiv darin, Menschen zu erreichen und zu Jüngern zu machen, während andere jahrein, jahraus stagnieren?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht abhängig vom geografischen Standort, Konfession, Ausrichtung oder dem Durchschnittsalter der Gemeindemitglieder. Es gibt die unterschiedlichsten Gemeinden bezogen auf ihre Größe, Form und Farbe, die auf effektive Weise Menschen in ihrem Umfeld erreichen.

Jede dieser Gemeinden wendet eins oder mehrere der nachfolgenden Prinzipien an, die nachweisbar Erfolg versprechen. Ich möchte dazu ermutigen, es ihnen nachzutun…

1. Outreach ist das WICHTIGSTE.

Hier ist ein Grund, warum gerade ältere Gemeinden generell nicht so effektiv wachsen, wie es neuere Gemeinden tun: Je länger eine Gemeinde existiert, desto mehr sind deren Mitglieder damit beschäftigt, die bereits bestehende Gemeinde überhaupt zu erhalten und sie sind weniger damit beschäftigt, sich um die Zwecke zu kümmern, für die die Gemeinde eigentlich existiert.

Mit der Zeit kümmern sich viele Gemeinden zunehmend um sich selbst, sie werden selbst-zentriert und ‚selbstdienend’. Eine Folge davon ist, nicht wirklich überraschend, dass solche Gemeinden aufhören zu wachsen.

Das wichtigste Prinzip lautet, dass Leiter den Fokus der Gemeinde drehen müssen. Und zwar weg von sich selbst, hin zu dem, was der eigentliche Auftrag ist – den Missionsauftrag von Jesus Christus, Jünger zu machen. Diese nach außen gerichtete Re-Orientierung wird sichtbar durch die Organisation, das Beten, die Budgetierung, die personelle Ausrichtung und letztendlich durch die ehrliche Beurteilung, wie die Gemeinde abschneidet in Bezug auf Neubekehrungen.

Es gibt viele gute Dinge, die eine Gemeinde tun kann … und da sind wirklich viele Dinge, die eine Gemeinde auch tun sollte … und es gibt dennoch eine einzige, grundlegende Sache, die eine Gemeinde tun muss:

„Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ (Matthäus 28, 19)

2. Soziales Netzwerken ist das Transportmittel.

Es gibt da einen 2000-Jahre-alten Tipp, wie die Gemeinde mehr Menschen erreichen kann. Er lautet so: Nicht-Christen kommen zu Jesus und zur Gemeinde in allererster Linie durch ihre Beziehungen zu Christen. Christliche Freunde und Angehörige bringen doppelt so viele neue Gläubige in die Gemeinde vor Ort als jedes andere Mittel oder alle anderen Mittel zusammen genommen!

Um dieses Prinzip zur Anwendung zu bringen ermutige jeden in Deiner Gemeinde, doch einmal die Freunde und Verwandten aufzulisten, die noch nicht Teil der Gemeinde oder noch keine Christen sind. Im Durchschnitt hat jeder ca. 4–5 solcher Kontakte.

Dann ermutige Deine Gemeindemitglieder, für genau diese Menschen zu beten. Ein gutes Beispiel einer Gemeinde in meiner Heimatstadt: Die Mitglieder wurden mit Karten daran erinnert, für eine Person auf der Liste zu beten, und zwar täglich um ein Uhr, für eine Minute, für die Dauer von einem Monat.

Ermutige Deine Gemeindemitglieder, eine der Personen, für die sie gebetet haben, in die Gemeinde einzuladen, und zwar innerhalb der nächsten 6 Monate zu einem besonderen Event. Und erinnere Deine Leute daran, dass Sie derzeit eventuell Gottes einzige Verbindung zu diesen unerreichten Menschen sind!

3. Gefühlte Nöte sind der Verbindungspunkt!

Die meisten entkirchlichten Menschen laufen nicht auf der Straße herum und denken über den Zustand ihrer Seele nach. ABER: Sie denken an etwas.

Meistens an Dinge, über die sich momentan sorgen: Ihren Job … ein Beziehungsproblem … ihre Gesundheit … Kinder … Finanzen … ein Hobby.

Falls die Grundsätze von Jesus Christus wirklich relevant sind für alle Aspekte des Lebens (was sie natürlich sind), dann müssen wir auch den unerreichten Menschen – und gerade denen – zeigen, wie relevant diese Grundsätze auch für sie sind.

Ich habe einmal eine Umfrage unter Kadetten der U.S. Marine durchgeführt und bei 18 bis 21 Jährigen nachgefragt, wieso Sie keiner Gemeinde angehörten. Die eindeutig mehrheitliche Antwort war, dass dies für sie irrelevant sei.

Jesus begann sein Gespräch mit der Samariterin mit dem Thema, das für sie wichtig war – Wasser. Dann entwickelte er das Thema weiter in Richtung ‚Jüngermachen’ und sprach über Wasser, bei dem sie nie wieder Durst haben würde. War lernen wir daraus? Beginne nicht mit DEINEN Themen. Beginne mit IHREN Themen! Hier sind ein paar Schlüsselbedürfnisse der Menschen in Deiner Umgebung:

  • Viele Menschen fühlen sich ohne Verbindung und isoliert, sie suchen nach einem Platz, wo sie „sein“ können und möchten gerne Teil einer Familie oder Gemeinschaft sein.
  • Menschen fühlen den zunehmenden Druck einer geschäftigen und stressigen Welt. Sie suchen nach einer besseren Möglichkeit der Balance und nach Möglichkeiten, ihre Prioritäten richtig zu setzen und zu managen.
  • Menschen nehmen die Oberflächlichkeit vieler Beziehungen wahr. Sie suchen geradezu nach authentischen Beziehungen.
  • Menschen fühlen sich leer und kraftlos. Die Antworten auf ihre Suche finden sie nicht in ihrer Arbeit, materiellen Besitztümer oder in purer Unterhaltung. Im Gegenteil: Sie suchen nach spirituellen Antworten, um ihren unerfüllten Hunger zu stillen.
  • Menschen fühlen sich überwältigt durch die Geschwindigkeit, in der sich viele Dinge ändern, und zwar in jedem Bereich des Lebens. Sie suchen nach Hilfe, die sie durch diese Veränderungen tragen kann.

Wenn Deine Gemeinde über die gefühlten Nöte der unerreichten Menschen spricht, dann werdet ihr auch gehört. Denn dann ist eure Botschaft aus Sicht dieser unerreichten Menschen relevant!

4. Beziehungen sind der Klebstoff.

Menschen in der Eingangstüre zu sehen, das ist eine Sache. Sie aber daran zu hindern, durch die Hintertür wieder wegzugehen, das ist eine ganz andere Sache.

Was ist die erste und wichtigste Zutat, die Menschen aktiv in der Gemeinde hält? Die Antwort darauf ist schlüssig: BEZIEHUNGEN. Gemäß einer Studie finden neue Gemeindemitglieder, die auch nach dem ersten Jahr dabeibleiben, durchschnittlich sieben neue Freunde in der Gemeinde. Menschen, die schon bald die Gemeinde wieder verlassen, haben im Vergleich dazu nur zwei neue Freunde hinzugewonnen. Einfach gesagt: Wenn jemand Freunde in der Gemeinde hat, wird er bleiben. Wenn nicht, dann wird er nicht bleiben.

Freundschaften entwickeln sich, wenn Menschen Dinge gemeinsam teilen und erleben. Wenn sie zum Beispiel …

  • gleich alt sind
  • einen ähnlichen materiellen Status haben
  • einen ähnlichen familiären Status haben
  • gemeinsame Interessen teilen
  • dieselben Probleme haben
  • dieselben Bedürfnisse oder
  • eine gemeinsame Kultur haben.

Wenn Du ein ‚Beziehungsvermittler’ bist, wenn Menschen neu in die Gemeinde kommen (und sei es auch schon davor!), dann wirst Du diese Menschen lange Zeit sehen.

5. Veränderungen öffnen Fenster zu neuen Möglichkeiten!

Die Menschen in deiner Umgebung sind nicht alle auf gleiche Weise bereit, Christ oder Mitglied deiner Gemeinde zu werden. Einige sind gut ansprechbar, andere nicht.

Es ist eine simple, aber kraftvolle Erkenntnis: Einige sind empfänglich für die Evangeliumsbotschaft, andere sind resistent.Jesus sprach über dieses Prinzip und seine Worte finden wir in Johannes 4,35: ‚Macht doch eure Augen auf und seht euch um! Das Getreide ist schon reif für die Ernte‘.Oder in Matthäus 13, 1­­–9: Hier geht es darum, den Samen in gute und empfängliche Erde zu pflanzen. Oder in Lukas 9, 1–6: Predige in Städten, die empfänglich sind.

Wie identifiziere ich aber die offenen und ‚empfänglichen’ Menschen in meiner Umgebung?

Ein Weg, mit ihnen in Kontakt zu kommen, sind Veränderungen im Leben, denn wichtige Veränderungen im Leben eines Menschen können ihn offen machen für das Evangelium. Das können ‚kontrollierte’ Veränderungen sein, wie zum Beispiel eine Heirat, eine Scheidung, ein Umzug oder der Ruhestand. Es können aber auch ‚unkontrollierbare’ Veränderungen sein, wie beispielsweise der Tod des/der Partner/in, gesundheitliche Probleme, Jobverlust oder ähnliches. Menschen, die Veränderungen in Bereichen ihres Lebens erleben, sind auch offener für Veränderungen in ihrem spirituellen oder Glaubensleben.

Einige Ideen zur Anwendung dieses Prinzips:

Ermutige Gemeindemitglieder, in ihrem sozialen Umfeld nach solchen Veränderungen Ausschau zu halten. Dann kann man mit diesen betroffenen Menschen sprechen und ihnen in aufrichtiger, christlicher Liebe begegnen.

Stelle ein Team von Mitarbeitern zusammen, die ihren Dienst auf Menschen ausrichten, die gerade eine oben beschriebene Veränderung durchmachen bzw. erleben. Entwickelt einen Plan, wie ihr Gottes bedingungslose Liebe, die der Heilige Geist bereithält, mit diesen Menschen teilen könnt.

Diese besonderen Prinzipien funktionieren! Sie sollten nicht nur angewandt werden, damit die Gemeinde richtig groß wird. Sie sollten angewendet werden, um Gottes geliebte Kinder zu erreichen und sie in die Jüngerschaft zu Jesus Christus zu bringen.

 

Charles Arn unterrichtet Mission am Wesley Seminary in Marion, Indiana/USA. Er hat viele Bücher über den Bereich Gemeindeentwicklung/Gemeindewachstum geschrieben, z. B.: „What Every Pastor Should Know“ (2013) und „Side Door“ (2013).

Hier sind einige Artikel von Charles Arn: http://www.churchleaders.com/author/CharlesArn/

Für weitere Infos siehe: http://www.churchgrowth.net/about/chipbio.htm