Rick und ich schafften es irgendwie, das erste Jahr unserer Ehe zu überstehen. Während dieser Zeit war er der Jugendpastor einer lebhaften Gruppe von Heranwachsenden, die sich zu jeder Tages- und Nachtzeit in unserer kleinen Wohnung drängten. Wir waren jung und naiv genug – und stark geprägt durch die strenge Erziehung, die wir genossen hatten –, dass wir nicht erkannten, wie sehr wir uns selbst damit schadeten, dass wir uns nichts anmerken ließen und so taten, als sei alles in Ordnung.

Im Lauf der Zeit, als wir in unserer Persönlichkeit heranreiften und gemeinsam zur Eheberatung gingen, begannen wir in unserer Ehe Heilung zu erfahren. Ja, wir haben in den Jahrzehnten unserer Ehe viele schwere Zeiten erlebt, aber ich bin so froh, dass wir die schmerzlichen ersten Jahre durchgehalten haben. Gott hat in unserem gemeinsamen Leben gewirkt – und er hat die Kämpfe und Fehlschläge in unserer Ehe dafür gebraucht, uns ihm und einander näherzubringen.

Während der Jahrzehnte meines Dienstes habe ich zu Hunderten von Frauen und Paaren gesprochen, die sich in ihrer Ehe einsam und unerfüllt fühlten – in einer Ehe, in der sich ihre Träume in Staub verwandelt hatten. In der die Leidenschaft schon lange unter dem Alltagstrott von Beruf, Kindern, Druck, Stress und unerfüllten Sehnsüchten begraben lag. Manche dieser Ehen endeten mit einem lauten Knall, nachdem Zorn und Bitterkeit jedes Gefühl von Anstand, Menschlichkeit und dem Mitgefühl für den anderen zerfressen hatten. Manche endeten mit einem Schock, mit tiefstem seelischen Schmerz und Desillusionierung, als ein Seitensprung das Treuegelübde zum blanken Hohn erklärte. Manche endeten mit einem leisen Flüstern – mit Stille –, als Langeweile, Krankheit, finanzielle Schwierigkeiten oder irgendein anderes der unzähligen Probleme selbst das vertrocknete, braune Gras auf der anderen Seite des Zauns noch so viel grüner erscheinen ließ als das fruchtlose Brachland auf der eigenen Seite.

Ich gehe dieses Thema nicht aus der Perspektive der Idealversion der „schönen heilen Welt“ einer Ehe an, sondern aus der Perspektive der Einschnitte in unserer Ehe, die von Blut, Schweiß und Tränen begleitet waren und sie geformt und sie bis heute aufrechterhalten haben. Ich weiß wie es ist, wenn man sich dafür entscheidet, an seiner Beziehung zu bauen; wenn man wieder und wieder zur Eheberatung geht; wenn man zulässt, dass sein Umfeld und seine Familie in den Kampf einbezogen werden; wenn man beschließt, ein weiteres Mal zu sagen: „Lass uns nochmals neu anfangen“, „Bitte vergib mir, ich habe falsch gelegen“, und „Ich vergebe dir“. Ich weiß, wie es ist zuzugeben, dass meine Art die Welt zu sehen nicht die einzige ist und ich versuche mir vorzustellen, wie sie auf der anderen Seite meiner Wahrnehmung aussehen könnte; wenn ich beschließe, mich darauf zu konzentrieren, was an meinem Mann gut und richtig und ehrenhaft ist, statt darauf, was mich an ihm in den Wahnsinn treibt; wenn ich die Anziehungskraft, die ein anderer Mann auf mich ausübt, auf meinen Mann übertrage.

Ich weiß, wie es ist, wenn man völlig gegensätzliche Meinungen hat, wie man mit einem geisteskranken Kind umgehen sollte; wenn Furcht und Besorgnis und Panik das normale Leben zu verschlingen drohen; wenn einem die Bedürfnisse eines Familienmitglieds alles abverlangen. Ich weiß, wie es ist, wenn man von katastrophalem Kummer zerbrochen ist und ihn mit seinem Ehepartner teilt, der so anders ist als man selbst; wenn man herausfinden muss, wie man zusammen trauern kann, weil sich sein geisteskrankes Kind auf brutale Weise das Leben genommen hat und sein Kummer öffentlich breitgetreten wird, weil man im Dienst steht und seine Existenz im Glashaus, im Fischglas, zum Futter für die eingeblendeten Schlagzeilen auf CNN wird.

Entgegen aller Wahrscheinlichkeit war eine Scheidung nicht das Ergebnis unserer unvernünftigen Verbindung. Wir haben meinen Brustkrebs und mein Melanom überstanden. Wir haben die Geisteskrankheit und den Selbstmord unseres Sohnes Matthew überlebt. Und jetzt wissen wir es. Wir wissen, dass wir das Beste sind, was uns je passieren konnte. Ich liebe den Mann, den Gott vor so vielen Jahren in mein Leben gebracht hat. Wir sind nicht das, wonach der andere gesucht hat, aber wir sind derjenige, den der andere verzweifelt gebraucht hat, um zu dem Menschen zu werden, der er heute ist. Doch es ist auch das Beste, was uns selbst je passiert ist. Ohne einander wären wir heute nicht die, die wir sind. Wegen Rick bin ich heute eine bessere Christin, eine bessere Frau, eine bessere Mutter, eine bessere Freundin und eine bessere Dienerin. Er sagt, er ist wegen mir ein besserer Christ, ein besserer Mann, ein besserer Vater, ein besserer Freund und ein besserer Pastor. Das Kreischen von Eisen, das Eisen schärft, hat sich oft angehört wie Zahnräder, die sich in blankes Metall fressen, aber das Ergebnis war ein umfassendes persönliches Wachstum von uns beiden.

Kay Warren ist mit ihrem Mann Rick Warren Gründerin der Saddleback Church und die Autorin von Sacred Privilege: Your Life and Ministry as a Pastor’s Wife (Heiliges Privileg: Dein Leben und Dienst als Pastorenfrau). Sie ist Bibellehrerin und setzt sich für HIV- und AIDS-infizierte Menschen sowie für verwaiste und gefährdete Kinder ein. Den ganzen Artikel kannst du auf Englisch hier lesen!