Ed Stetzer

Als Leser dieses Artikels seid ihr höchstwahrscheinlich in Gemeindearbeit involviert. Vielleicht geht es eurer Gemeinde gut und sie wächst, aber wahrscheinlich ist dem nicht so – ungefähr 70% aller Gemeinden stagnieren oder schrumpfen sogar, je nach Konfession. Offensichtlich aber hat meine Überschrift für diesen Artikel euch nicht abgeschreckt, also steigen wir gleich ins Thema ein:

Erstens: Alle Menschen brauchen Jesus

Die Zeitschrift „Christianity Today“ schreibt, dass evangelikale Gemeinden heute nicht mehr primär durch Großevangelisationen, sondern durch die Gründung neuer Gemeinden Menschen erreichen. Diese veränderte Vorgehensweise hat Vor- und auch Nachteile und ich möchte hinzufügen, sie zeigt, dass durch Gemeindegründung sehr erfolgreich neue Gemeinden aufgebaut werden.

Ich bin froh, dass Gemeindegründung „das Thema“ geworden ist. Natürlich ist beides wichtig: Sowohl neue Gemeinden zu gründen als auch die bestehenden mit neuem Wind zu beleben. Und deshalb muss auch letzteres immer wieder thematisiert werden.

Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass neu gegründete Gemeinden mehr Menschen mit der guten Nachricht erreichen. Und da alle Menschen Jesus brauchen, müssen viel mehr neue Gemeinden gegründet werden. Deswegen sollte man auf jeden Fall die Gründung neuer Gemeinden in die Planung der Gemeindearbeit einbeziehen, sowohl lokal als auch weltweit. Deshalb gründen wir Gemeinden, die Gemeinden gründen, die Gemeinden gründen.

Bestehende Gemeinden brauchen zwar eine neue Belebung, sollten aber gleichzeitig auch in der Gemeindegründung aktiv sein.

Zweitens: Es ist das neutestamentliche Modell

In der Bibel wird immer wieder davon berichtet, wie Gemeinden Mitarbeiter aussenden, um andere Gemeinden zu besuchen, neue Gemeinden zu gründen und sie zu betreuen. Wir haben heutzutage zu viele Gemeinden, die über andere Gemeinden urteilen, und zu wenige, die zusammenarbeiten, um Gemeindegründer auszusenden. Doch genau das zeichnet Menschen aus, deren Herz für Multiplikation schlägt. Gemeinden, die den Missionsauftrag ernst nehmen, handeln genauso.

Als die Apostel und die anderen Jünger den Auftrag bekamen, allen Menschen die Botschaft des Evangeliums weiterzugeben, sprachen sie nicht nur einzelne Menschen an, sondern sie gründeten Gemeinden. Wir sollten dasselbe tun.

Als die (relativ) gefestigte Gemeinde in Antiochia das Reden des Heiligen Geistes hörte, sandte sie sofort Barnabas und Paulus aus, um Gemeinden zu gründen. Genauso sollten auch wir handeln.

Drittens: Wenn eine Bewegung vorankommen will, muss sie Gemeinden gründen

Wenn eine Gemeindebewegung 100 Gemeinden hat, sollte sie jedes Jahr drei neue Gemeinden gründen, um zahlenmäßig auf dem gleichen Stand zu bleiben, also drei Prozent. Um zu wachsen, sollten von der Bewegung fünf Gemeinden gegründet werden und um wirklich vorwärts zu kommen, jedes Jahr zehn.

Demzufolge müssen unsere Gemeinden permanent und konsequent Mitarbeiter für neue Gemeindegründungen schulen und neue Gemeinden gründen. Würden etablierte Gemeinden ihre Verantwortung in diesem Bereich ernst nehmen und aktiv Teil einer Gemeindegründungsbewegung werden, könnte die Botschaft Jesu Christi bei uns stark an Einfluss gewinnen.

Eine Gemeindebewegung kann nicht gesund wachsen, wenn bestehende Gemeinden sich nicht multiplizieren.

Als die Jünger den Missionsauftrag bekamen, gründeten sie Gemeinden. Dasselbe sollten auch wir tun.

Viertens: Wir sollten Gemeinden gründen, weil das die eigene Gemeindearbeit belebt

Eine Gemeinde wird gesegnet, wenn sie Zweiggemeinden gründet. Jeff Farmer, Student am New Orleans Seminar und ehemaliges Mitglied unseres Teams, untersuchte mehrere Dutzend unterschiedlich großer Gemeinden, die wiederum neue Gemeinden gründeten. Dann verglich er sie mit Gemeinden, die keine neuen Gemeinden gründeten.

Die Gemeinden, die Gemeinden gründeten – vergleichbare Größe, vergleichbarer Hintergrund – waren gesünder als die anderen. Sie waren nicht unbedingt schon vor ihrem Engagement in Gemeindegründungen so gesund gewesen sondern in vielen Fällen brachte gerade dieser Prozess sie zum Blühen – eine Folgeerscheinung also.

Ich sage nicht, dass jede schlecht funktionierende, ungesunde Gemeinde weitere Gemeinden gründen sollte. Auf keinen Fall.

Aber es ist durchaus so, dass der Prozess einer Gemeindeneugründung einer Gemeinde, die auf der Stelle tritt, helfen kann. Wenn die Gemeindemitglieder nämlich dann die Berichte von drei oder sogar acht Taufen im Sonntagsgottesdienst hören, dann werden sie selbst ganz neu motiviert. Sie können wieder glauben, dass Gott so etwas nicht nur in der neuen, sondern auch in ihrer eigenen Gemeinde tun kann. Der Schwung der neuen Bewegung reißt sie mit und sie werden wieder von dem Wunsch ergriffen, selbst Menschen für Jesus Christus zu gewinnen.

Etablierte Gemeinde müssen neue Gemeinden gründen, damit sie von ihren eigenen Zweiggemeinden herausgefordert werden.

Fünftens: Gemeindegründung ist notwendig, um unserem Land die Botschaft von Jesus Christus zu bringen

Um das zu schaffen, sind Tausende neuer Gemeinden nötig. Nicht nur wegen der Größe des Landes, sondern aufgrund der vielen Menschen aus den verschiedenen Kulturen, die hier leben. Wer die Welt aus einem missionarischen Blickwinkel betrachtet, dem ist klar, dass verschiedene Volksgruppen unterschiedliche Gemeinden brauchen.

Wir leben nicht in einem homogenen Umfeld, wo jeder dem anderen in etwa gleicht, sondern hier leben Menschen aus ganz verschiedenen kulturellen Hintergründen.

Unsere direkten Nachbarn sind vielleicht völlig anders als wir. Wenn eine Gemeinde eine Gruppe von Menschen effektiv erreicht, sind trotzdem noch weitere Gemeinden für die Menschen anderer Volksgruppen nötig, denn sie sprechen andere Sprachen, haben andere Bräuche und eventuell auch nicht die gleiche Altersstruktur. Jesus Christus möchte, dass wir zu allen Menschen gehen.

Die bestehenden Gemeinden sollten neue Gemeinden gründen, weil wir ganz unterschiedliche Gemeinden brauchen, um alle Menschen zu erreichen.

Sechstens: Wir müssen investieren

Es reicht nicht aus, regelmäßig für Gemeindegründungen zu spenden.

Unsere Gemeinde gibt zehn Prozent der gesamten Spendeneinnahmen an unseren übergeordneten Gemeindeverbund weiter, der damit unter anderem Gemeindegründungen finanziert. Das ist gut und richtig, aber lange noch nicht ausreichend. Wir müssen mehr in die Waagschale werfen- unseren eigenen Schweiß und unsere eigenen Tränen. Wir müssen uns mit anderen verbinden, damit die Ausbreitung des Evangeliums nicht gerade bei uns zum Erliegen kommt.

Eine Gemeinde zu gründen ist wie Kinder zu bekommen. Es fließt Blut, es tut weh, aber dann wird ein wunderschönes Kind geboren. Man vergisst alle Schmerzen und möchte es noch einmal erleben. Ich glaube, wenn man sich selbst in Gemeindegründung engagiert- nicht nur indem man Geld spendet, so gut das auch ist- dann sind die neuen Gemeinden wie eigene Kinder. Und davon möchte man mehr haben.

Weiter im Bild gesprochen

Etablierte Gemeinden müssen neue Gemeinden gründen, um zu erleben, wie schön es ist, eigene Kinder zu haben!

Man hält sich nie für vorbereitet genug, um Kinder zu bekommen. Aber wenn dann eines da ist, ist das ein wunderbarer Segen. Zu oft denken Gemeinden, dass sie erst dann mit einer Gemeindeneugründung anfangen können, wenn sie groß genug sind oder genügend Finanzen zur Verfügung haben, sprich wenn sie „bereit“ dafür sind. Aber dazu kommt es dann nie. Wenn man aber einfach ein Baby bekommt – eine Gemeinde gründet – ist der Segen groß und man fragt sich, warum man eigentlich so lange damit gewartet hat.

Lasst uns Gemeinden gründen, die Gemeinden gründen, die Gemeinden gründen. Lasst uns Gott vertrauen, dass er das tut, was er gerne tut – denn Gott überrascht gerne Menschen, die ihm vertrauen.

Wenn Gemeinden anfangen, sich dafür voll und ganz zu engagieren, werden wir im ganzen Land eine Gemeindegründungsbewegung erleben, die die Welt überrascht.

Lasst uns freigiebig sein und losgehen. Lasst uns Gemeinden gründen, die Gemeinden gründen, die Gemeinden gründen.

Dieser Artikel wurde mit Genehmigung von Church Leaders.com und Ed Stetzers Blog abgedruckt. Ed Stetzer ist Präsident und Missionswissenschaftler von „LifeWay Research“. Er bildet weltweit Pastoren und Gemeindegründer aus, besitzt zwei Masterabschlüsse, zwei Doktortitel und ist Autor Dutzender Artikel und Bücher. Er schreibt Beiträge für die Zeitschriften „Christianity Today“, „Outreach Magazine“ und „Catalyst Monthly“. Ed Stetzer ist Berater der Onlineplattformen „Sermon Central“ und „Builing Church Leaders“. Regelmäßig wird er in Fernsehsendungen wie USA Today oder CNN zitiert oder interviewt. Mehr über Ed Stetzer unter www.edstetzer.com