Juni 2020 E-Letter

„Dennoch habe ich mich zum Diener aller gemacht, um möglichst viele für Christus zu gewinnen.“ (1 Korinther 9,19b NLB)

„Wenn du mehr dienst, nimmst du weniger. Wenn du mehr gibst, brauchst du weniger. Wenn du mehr dankst, willst du weniger. Wenn du mehr von Gott hast, bist du selbstlos.“  (Craig Groeschel)

Wir fühlen uns immer geehrt und freuen uns, wenn uns jemand auf die Schulter klopft oder uns eine E-Mail oder WhatsApp schreibt, in der es heißt: „Danke für deine großartige Predigt vom Sonntag. Sie hat mich sehr berührt.“ Ob du es glaubst oder nicht – ich habe einen Dateiordner auf meinem Laptop, in dem ich auferbauende E-Mails speichere, die Wertschätzung und Lob für meinen Dienst als Pastor ausdrücken. (Hässliche E-Mails landen bei mir übrigens immer sofort im Papierkorb.)

Aber tief in unserem Inneren wissen wir, dass Lob und Bewunderung allein nicht die Basis oder die Motivation dafür sein können, dass wir in der Gemeinde dienen. Gott möchte uns dafür eine göttliche Motivation geben, die über unsere Emotionen, Verletzungen und Vorurteile hinausgehen.

Denk einmal darüber nach, was junge Mütter jeden Tag tun. Sie dienen jenen, die ihnen nicht dienen können (und manchmal auch nicht wollen). Eine Mutter wischt Popos, laufende Nasen und mit Essen verschmierte Gesichter ab – wenn auch vielleicht nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Aber sie tun das alles aus Liebe und Hingabe an ihre wunderbaren Geschenke von Gott.

 „Echte Diener betrachten den Dienst als eine Chance und nicht als eine Verpflichtung!“ (Carl Stephens)

In Lukas 17,5-6 erklärt Jesus den Jüngern, dass schon sehr wenig Glaube sehr viel bewirken und sogar Wunder herbeiführen kann. Es ist interessant, dass er gleich im Anschluss daran ohne jede Scheu zum Thema „selbstverständliches Dienen“ übergeht. Er sagt: „Wenn ihr also alles getan habt, was euch aufgetragen war, dann sollt auch ihr sagen: ›Wir sind Diener, weiter nichts; wir haben nur unsere Pflicht getan.‹«“ (Lukas 17,10 NGUE) 

Hier beschreibt Jesus für jene von uns, die andere Menschen leiten und ihnen dienen, die wahre Bedeutung von Jüngerschaft. Unsere Erwartungen an andere und unser Wunsch nach Anerkennung dürfen in unserer Leiterschaft nie die Hauptrolle spielen. Der größte Teil unseres Dienstes in der Gemeinde wird von anderen nie gesehen werden. Die öffentlichen Dienste am Sonntag wie das Predigen, das Lehren und das Leiten des Lobpreises sind nur ein kleiner Teil dessen, was wir als Pastoren und Leiter tun. Die Mehrheit unserer Geschwister wird niemals wissen oder ganz verstehen, mit welchen überwältigenden Herausforderungen wir uns außerhalb des Lichts der Öffentlichkeit in unserem Dienst befassen müssen.

Ich sehe noch sehr klar vor mir, wie meine Frau Mechthild vor über zwanzig Jahren in unserem Schlafzimmer auf dem Bett saß und sich die Augen ausweinte. Warum? Ich hatte sie gerade darüber informiert, dass unser  Mitarbeiter und Freund, den wir über sechs Jahre lang in der Jüngerschaft geführt hatten, ohne je ein Problem mit ihm zu haben, aus heiterem Himmel seinen Austritt aus der Gemeinde erklärt hatte. Sein missmutiger, drei Seiten langer Abschiedsbrief beinhaltete eine lange Liste all der Dinge, die ich in seinen Augen als Pastor falsch machte. Lass mich das klarstellen: Im pastoralen Dienst zu stehen, ist, wie die Amerikaner sagen, „not just a bowl of cherries“ (nicht immer ein Zuckerschlecken).

Im Lauf der Jahre wurde ich oft gefragt: „Paul, wie kannst du anderen Menschen weiter mit Freude dienen, obwohl du dich schon so oft mit schwierigen Menschen und unmöglichen Situationen herumschlagen musstest?“ Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Ich persönlich werde immer ermutigt, wenn ich 2.Korinther 11 lese. Hier führt mein Glaubensheld, der Apostel Paulus, ohne Bitterkeit eine Liste der zahlreichen Schwierigkeiten sowie der lebensbedrohlichen Herausforderungen auf, die er in seinem Dienst meistern musste. Im Vergleich dazu ist mein Dienst ziemlich einfach! Im nächsten Kapitel berichtet Paulus von seiner zweifellos größten Herausforderung – dem „Dorn in seinem Fleisch“. Sein Mut, im Glauben weiter zu gehen, gibt mir viel Kraft: “Sehr gerne will ich mich nun vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohne.“ (2 Korinther 2,10b)

Trotz meiner Schwächen habe ich im Lauf der Jahre irgendwie genug Glauben zusammengekratzt, um Gottes Berufung für mein Leben zu folgen. Wenn ich heute auf die vielen Jahre meines erfüllten Dienstes zurückblicke, sehe ich: Es ist alles pure Gnade!

Robert Greenleaf schrieb in den Siebzigern ein bahnbrechendes Buch über die Managementlehre im Bereich Servant Leadership. Sein Titel lautet: „Servant Leadership: Prinzipien dienender Führung in Unternehmen.“ Weitere von Greenleaf inspirierte Autoren haben eine beachtliche Anzahl von Büchern geschrieben, in denen Servant Leadership als Mittel zur Erneuerung von Institutionen und zur Schaffung einer sozialeren und barmherzigeren Gesellschaft begrüsst wird. In Greenfield’s own words: Er schreibt: „Servant Leaders sind voller Liebe – zu den Menschen, die die Arbeit tun, zu dem Produkt, das ihr Unternehmen produziert, und zu ihren Kunden … Die Leiterschaft ist eine Angelegenheit des Herzens, nicht des Kopfes.“

Ich muss oft beten: „Herr, du kennst meine Schwächen und Fehler, aber bitte gib mir ein weiches Herz, damit ich die Menschen genauso bedingungslos lieben kann wie du mich.“ Als ich noch ein junger, unerfahrener Pastor war, gab mir ein älterer Pastor einmal einen großartigen Rat: „Bleibe „sweet“ (freundlich und liebevoll) und du wirst noch viele Jahre lang ein Segen für deine Schwestern und Brüder sein.“

Als dienende Leiter wollen wir, dass unsere Geschwister erfolgreich sind, dass sie Erfüllung in ihren Gaben finden und dass Gott sie auf großartige Weise gebraucht, sodass sie alles vollbringen, wozu Gott sie berufen hat. In vielerlei Hinsicht sind wir wie ein Fußballtrainer, der an der Seitenlinie steht und seinen Spielern zujubelt und sie anspornt, sodass ihre Leistungen sogar ihre eigenen Erwartungen übertreffen.

„Deine Reife nimmt zu, wenn du merkst, dass deine Sorge um andere schwerer wiegt als deine Sorge um dich selbst.“ (John McNaughton)

Boyd Bailey schreibt: „Der dienende Leiter muss sein Bedürfnis nach Anerkennung begraben. Dann ist es leicht, anderen Aufmerksamkeit und Anerkennung zu zollen. Dort gehören sie hin, weil unsere Demut mit der Aufmerksamkeit nicht umgehen kann. Sie verbrennt wie ein schneeweißer Körper in einer Sonnendusche. Dienende Leiter widerstehen der Versuchung, im Rampenlicht zu verweilen. Stattdessen geben Sie vielleicht Möglichkeiten, die sich ihnen selbst bieten, an andere weiter.“

Am Ende von Carey Nieuwhofs ausgezeichnetem Artikel (siehe unten) erklärt er: „Die besten Leiter erkennen, dass nicht ihre Mitarbeiter für sie arbeiten, sondern sie für ihre Mitarbeiter.“

Aber ich muss auch erwähnen, was dienende Leiterschaft nicht ist. Eric Swanson schreibt:

  • „Dienende Leiterschaft ist kein Schlupfloch für jene, die nicht die Bereitschaft, die Fähigkeit oder den Mut haben zu führen.
  • Sie ist keine Entschuldigung dafür, dass wir anderen nicht die Richtung weisen oder nicht die nötige Verantwortung übernehmen.
  • Sie ist nicht passiv.
  • Sie sorgt nicht unbedingt dafür, dass alle glücklich bleiben
  • Sie besteht nicht darin, dass wir nur tun, was unsere Nachfolger wollen.“

Ganz gleich, wie viele Enttäuschungen und beunruhigende Situation wir im Lauf der Jahre in unserem Dienst schon erlebt haben oder vielleicht jetzt gerade erleben – lass uns auf „den Anfänger und den Vollender des Glaubens“ sehen. Die Freude stellt sich ein, wenn wir wie Jesus unser Leben weggeben, ohne etwas dafür zu erwarten. Wir wollen Jesus immer ähnlicher werden, oder? „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ (Markus 10,45)

Wenn Du Gott dienst, bist du nie am falschen Platz. Egal, ob jemand deine Bemühungen anerkennt oder nicht, Gott sieht und weiß alles. Wachse und gedeihe dort, wo er dich gepflanzt hat. Es wird spannend sein zu beobachten, was durch Gottes Hilfe noch alles geschehen kann.

Ich meine es sehr ernst, wenn ich sage: „Das Beste für dich und deine Gemeinde in deiner Stadt kommt noch!“

Möge Gott dir in diesen unsicheren Zeiten viel Mut und Kraft schenken!

Verbunden in IHM

Paul

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Ein Leben ohne Auftrag ist ein Leben ohne Ausrichtung.
Eine Gemeinde ohne Auftrag ist eine Gemeinde ohne Ergebnisse. (Nate Elarton)


A. Carson erinnert uns, dass die Menschen nicht lernen, was wir lehren. Sie lernen das, was uns begeistert. Genauso würde ich behaupten, dass die Menschen das meiste nicht daraus lernen, was wir predigen. Am besten lernen sie daraus, was uns freut. Nichts ist besser, als einem Pastor zuzuhören, der Freude an Gott hat. (Daryl Dash)


Leiterschaft bedeutet Problem-Lösen. Habe den Mut, Konflikte zu regeln. Löse beständig Konflikte – nicht immer nur zwischen Menschen. Aber gib sie ab, damit andere die Last mit dir teilen können. Riskiere es, dass man dich möglicherweise missversteht. Sei mutig im Leben. Es geht um die Gemeinde Gottes und einige Leute, die jetzt hier sind, werden später nicht mehr in deinem Leben sein. (Brad Trask)